1949

Während bisher die Berichte des Protokollbuchs lückenhaft waren und durch Nachrichten aus Tages- und Kirchenzeitung sowie anderer Literatur ergänzt werden mußten, vermitteln die folgenden ausgewählten Berichte ein anschauliches und geschlossenes Bild des Vereinslebens.


Bericht zur Jahreshauptversammlung am 8. Mai 1949.

"Wenn wir in der letzten Generalversammlung ein Wachsen unseres Vereins und der gesamten katholischen Arbeiterbewegung feststellten, dann ist dasselbe bis heute in einem noch viel stärkeren Maße der Fall. Wir können uns mit allen katholischen Menschen die um das jetzige Zeitgeschehen wissen, nur darüber freuen, und folgen weiterhin dem Rufe unseres hl. Vaters zum tatkräftigen Einsatz für die katholische Arbeiterbewegung. Als lebendiges Glied in der großen Gemeinschaft nahm unser Verein an nachfolgend aufgeführten Veranstaltungen teil:
Tagung und Großkundgebung am 28. und 29. Februar 1948 in Recklinghausen. Generaltitel dieser Tagung: "Unser Ruf in Not und Zeit". Höhepunkte bildeten die Ansprachen des hochw. Herrn Kardinals Frings und unseres hochw. Herrn Bischofs Michael Keller.
Am Palmsonntag trafen wir uns zum Frühjahrsdelegiertentag im hiesigen Kopinghaus. Bezirkspräses Rektor Mertens sprach über das Thema "Die Jugend auf der Schüttelrutsche". Der Schriftleiter der Ketteler-Wacht, Landrat Even, sprach über "Unsere Verantwortung und unser Wollen in einer Zeitenwende".
Am Sonntag, den 30. Mai, waren wir zu einer Großkundgebung im Zirkus Bügler in Essen. Landtagspräsident und Oberbürgermeister Joseph Gockeln hatte zum Thema: "Vermassung oder Persönlichkeit" gesprochen. 

Zum zweiten Nachkriegsdiözesantag fuhren unsere Delegierten am 5. und 6. Juni nach Duisburg-Hamborn. Gleichzeitig wurde dort das 50jährige Bestehen des Diözesanverbandes gefeiert. Hauptredner dieser Tagung waren: Domkapitularvikar Vorwerk, Landrat Stieler und Diözesanpräses Dr. Konermann. Leitsatz dieser Tagung: "Nach dem Wort die Tat".
Eine Anzahl unserer Mitglieder ließ es sich nicht nehmen, an der Feier zum 85jährigen Bestehen des Arbeitervereins St. Antonius Welheim teilzunehmen. Im armen, schlichten neuerbauten Kirchlein erlebten wir eine eindrucksvolle Feier und hatten das Empfinden, daß diese ärmste, am meisten von Kriegsschäden heimgesuchte Bottroper Kirchengemeinde der Hilfe sehr bedürfe.
Am 25. Juli folgten wir der Einladung zu der außerordentlichen Delegiertentagung des Bezirksverbandes Gladbeck im Idastift in Holsterhausen bei Dorsten. Diözesanpräses Dr. Konermann sprach über "Echte Gottverbundenheit als Grundlage unserer Arbeit". Hans van de Sand, Mitglied des Zonenbeirates, erläuterte "Arbeiterschaft und wirtschaftliche Zeitprobleme".
Der 8. August sah uns bei der Bannerweihe des neu gegründeten Vereins St. Konrad in Bottrop. Festansprachen wurden wiederum gehalten vom Bezirkspräses Rektor Mertens und dem Landtagsabgeordneten Georg Budke.
Der Verein St. Barbara in Horst feierte am 19. September sein 80jähriges Stiftungsfest. Auch hieran nahmen wir teil. Es war eine erhebende Feier in der sehr geschmackvoll neu hergerichteten Pfarrkirche, bei der Ehrendomkapitular und alter Vereinspräses Wenker die Ansprache hielt. Nachmittags sprach dann auf dem D.J.K.-Platz der Verbandsvorsitzende der KAB, Joseph Gockeln. Der Herbstdelegiertentag in Westerholt, am 7. November, an dem wir auch teilnahmen, hatte zum Mittelpunkt die Ansprache unseres Verbandspräses Herrn Dr. Jos. Schmitt. Sein Thema "Freier Arbeiter oder unfreier Knecht" hinterließ bei allen Teilnehmern einen tiefen Eindruck. Dieser Tag in Westerholt bildete sozusagen den Abschluß der Tagungen im Jahre 1948. Dort wurde auch endgültig die Durchführung der neuen Beitragsregelung und Sozialbetreuung für Mitglieder und deren Frauen beschlossen.
In Düsseldorf fand am 12. und 13. Februar der Kongress der Kath. Arbeiterbewegung (K.A.B.) Westdeutschlands statt. Unter dem Leitmotiv "Die Gefahr der Stunde" erlebten wir in der Rheinlandhalle und im Planetarium großartige Kundgebungen des kath. Werkvolkes. Diese Kundgebungen können als Vorstoß in die Öffentlichkeit gelten. Neben Ministerpräsident Arnold sowie dem Präsidenten des Parlamentarischen Rates, Dr. Adenauer, waren viele Vertreter und berufene Männer der Regierung und des öffentlichen Lebens anwesend. Eine außerordentliche Note gab dem Kongress die Anwesenheit und Ansprache des Kölner Kardinals Dr. Frings.
Am Sonntag, dem 27. März, trafen sich unsere Delegierten mit denen der anderen Vereine zum Frühjahrsdelegiertentag in Gladbeck, um, wie Bezirkspräses Rektor Mertens sagte, Gewissenserforschung zu halten über die bisher geleistete Arbeit und neue Anregungen für die kommende Vereinstätigkeit zu empfangen. Ein Lichtbildervortrag über den Verlauf des letzten Katholikentages in Mainz wies auf die Bedeutung des nächsten Katholikentages in Bochum hin, dem die kath. Arbeiterbewegung ein besonderes Gepräge geben müsse. So sehen wir ein gewaltiges Vorwärtsschreiten der Gesamtbewegung.
Aber auch in unserem Verein geht es aufwärts. Aus unseren monatlichen Vorstands- und Vertrauensmännersitzungen sowie den Mitgliederversammlungen sei einiges besonders herausgestellt:
In der Sitzung vom 2. Mai 1948 übergab unser Präses, Herr Pfarrer Telohe, sein Amt als Präses dem Herrn Kaplan Meyer. Schweren Herzens, so führte der bisherige Präses aus, hätte er sein Amt niedergelegt. Durch seine langjährige Tätigkeit als Arbeitervereinspräses sei ihm die Vereinssache sehr ans Herz gewachsen, doch müsse er jetzt aus gesundheitlichen Gründen und Arbeitsüberlastung das Amt einem jüngeren übertragen. Seine Bereitschaft, als Ehrenpräses noch weiter im Verein zu verbleiben, wurde freudig begrüßt. Nach einigen Worten des Dankes an den scheidenden Präses durch den Vorsitzenden, erhielt der neue Präses, Herr Kaplan Meyer, das Wort. In schlichter Weise dankte auch er dem Pfarrer Telohe für sein Arbeiten und Mühen um die kath. Arbeiterbewegung. In seiner Ansprache geißelte er die Trägheit und Gleichgültigkeit der katholischen Menschen. Manche unter den Arbeitern litten an Minderwertigkeitsgefühlen. Das sei falsch. Besonders die kath. Arbeiterschaft könne mit Stolz auf eine Tradition zurückblicken. Sie hätte bestimmt ihren Beitrag geleistet zur Lösung der sozialen Frage und Männer von Format in den schwierigsten Zeiten und Situationen gestellt. Jeder Einzelne müsse auch heute zur Persönlichkeit heranwachsen. Durch sein einfaches und sicheres Auftreten hatte der neue Präses bald die Herzen der Zuhörer gewonnen. Nach Schluß der Versammlung nahm der neue Präses kurze Fühlungnahme mit dem Vorstand und den Vertrauensleuten.
Für den aus Krankheitsgründen zurückgetretenen Schriftführer Wuff wurde das Mitglied Fritz Thiemann gewählt. Im August wurde ein Arbeitsplan für das Winterhalbjahr 1948/49 aufgestellt. Die erste Versammlung in dem neu hergerichteten Heim beim Wirt Trogemann fand am 5. September statt. Die Fertigstellung des kriegsbeschädigten Raumes verdanken wir in erster Linie der Tatkraft unseres neuen Präses. An der Pfarrwallfahrt nach Neviges am 12. September beteiligten wir uns auch.
Am 21. September hatte der Vorstand und die Vertrauensleute ihren Einkehrtag. Gehalten wurde derselbe von Pater Stolte. Rund 70 Mann unseres Vereins nahmen am 5. Dezember am Einkehrtag für den gesamten Verein teil. Dieser Einkehrtag wurde vom Diözesanpräses Dr. Konermann gehalten.
Eine Weihnachtsfeier für die gesamte Pfarre fand am 1. Januar 1949 im Kolpinghaus statt. Diese Feier wurde von unserem Verein durchgeführt. Ebenfalls im Kolpinghaus feierten wir am 13. Februar ein Fastnachtsfest.
Wenn wir so einen Rückblick halten und allgemein einen Aufstieg verzeichnen, dann wollen wir aber auch die vorhandenen Lücken in unserem Vereinsleben sehen. Die Mühe Pater Stoltes, der alle 14 Tage im Winterhalbjahr 1948/1949 in unseren Ausspracheabenden wertvolle Bildungsarbeit leistete, wurde schlecht gelohnt, da der Besuch sehr zu wünschen übrigließ.
Der Versammlungsbesuch muß unter allen Umständen besser werden.
Zur Mitgliederwerbung: Nicht nur der Vorstand und die Vertrauensleute, sondern jedes Mitglied muß die Verpflichtung in sich tragen, angesichts der Gefahr der Stunde, Missions- und Apostolatsarbeit zu leisten.

Wir wollen auch der Kameraden gedenken, die seit der letzten Generalversammlung durch den Tod von uns scheiden mußten. Es sind die Mitglieder: Franz Bugdoll, Johann Lamcza, Carl Czampiel, Theodor Mönkedick und Johann van den Heuvel. Ihre Silberhochzeit feierten folgende Mitglieder: Surma, Bockholt und der Vorsitzende Holtbernd. Die Goldhochzeit konnte Mitglied Bader begehen. Die Mitgliederzahl ist seit der letzten Generalversammlung um 90, also auf 325 gestiegen. Außerdem stehen wir mitten in einer Werbeaktion, nach deren Abschluß die 400 voraussichtlich erreicht wird. Wie schon gesagt, ist dazu die Mitwirkung aller Vereinsmitglieder erforderlich. Besonderen Wert ist auf die Werbung Jugendlicher zu legen, damit wir zur Bildung einer Jugendgruppe kommen."


Niederschrift über die Generalversammlung am 8. Mai 1949

"Am 8.5.1949 vormittags 10.00 Uhr fanden sich unsere Mitglieder zur Jahreshauptversammlung in unserem Heim beim Wirt Trogemann ein. Dieselbe wurde vom Vorsitzenden H. Holtbernd mit unserem Gruße "Gott segne die christliche Arbeit" eröffnet. Nach herzlichen Begrüßungsworten wurde gemeinsam das Lied "Wir sind die Werkleute Gottes", mit Begleitung einer kleinen Musikgruppe, gesungen. Schriftführer Thiemann verlas den Bericht der Jahreshauptversammlung vom 18.1.1948. Anschließend verlas der Vorsitzende Holtbernd den Bericht über unsere geleistete Arbeit im Jahre 1948. Den Kassenbericht, von den Kameraden Pallotz und Scziegel geprüft, gab der Kassierer Lassak. Der Vorsitzende stattete dem Kassierer seinen Dank für die vorzügliche und mustergültige Kassenführung ab. Die Junggruppe sang dann das Lied "Sonntag ist heut", welches allgemeinen Beifall fand. Dann ergriff unser Präses, Kaplan Meyer, das Wort zu einer Ansprache. In kurzen klaren Worten umriß er die Bedeutung des Kath. Arbeitervereins für unsere Pfarre. Der Jahresbericht soll in Druck gegeben und jedem Mitglied zugestellt werden. Nicht hoch genug einzuschätzen sei der Wert unserer Zeitschrift "Kettelerwacht". Man müße versuchen, es dahin zu bringen, daß diese Zeitschrift der Öffentlichkeit zugängig gemacht wird z.B. bei Friseuren, in Ärztezimmern und Wirtschaften. Großen Wert müsse der Werbung junger Mitglieder beigemessen werden. Großen Dank schulde er allen Mitgliedern, besonders Heitfeld, Wilger und Foiczik, die zur Errichtung unseres Pfarr-Kinderheimes tatkräftig geholfen haben. Seine Ansprache klang in den Dank an den Vorstand für die geleistete Arbeit im verflossenem Jahr aus. Eine Neuwahl des Vorstandes erübrigte sich, da alle Anwesenden mit der Zusammenstellung in der alten Form einverstanden waren. Zu Delegierten wurden folgende Mitglieder gewählt: Heinrichsbauer, Pischny, Thiemann, Wuff, Klimtscha und Wallach. Als Fähnriche wurden Pischny, Weiner, Schymitzek und Löderbusch gewählt. Kassierer Lassak gab Erläuterungen zu den jetzt geltenden Beiträgen. Auf Anregung des Vorstandsmitgliedes Pischny soll einmal im Jahr und zwar im November ein Hochamt für die Verstorbenen unseres Vereins gelesen werden. Abschließend wurde gemeinsam das Lied "Und wenn wir marschieren" gesungen. Als Ausklang las der Vorsitzende das Gedicht von Kessing "Was wir müssen" vor. Mit dem Gruß "Gott segne die christliche Arbeit" fand die Jahreshauptversammlung ihren Abschluß."


Für die Jahreshauptversammlung am 30. April 1950


hatte der Schriftführer Fritz Thiemann folgenden Bericht zusammengestellt:
"Wiederum haben wir uns hier zusammengefunden, um Rückschau zu halten, über das verflossene Geschäftsjahr. Zu allen überörtlichen Tagungen des Bezirks- u. Diözesanverbandes entsandten wir Vertreter. Unser Vereinsleben spiegelte sich in 7 Monats- u. Vorstands- u. Vertrauensleuteversammlungen ab. Die Leitung der neugegründeten Theaterabteilung übernahm am 5.6.49 Hans Lüdke-Stelzkamp. Bei der Monatsversammlung am 5.6.49 sprach Seidler in einem Vortrag über "Arbeitsamt und Arbeitslenkung".
An der großen Kundgebung in Mainz am 13.7.49 nahm auch eine Fahnendeputation unseres Vereins teil. Am 28.8.49 führte unsere Theaterabteilung im Kolpinghaus das Volksstück "Im Krug zum grünen Kranze" auf. Viele unserer Mitglieder waren am 3.9.49 zum Katholikentag nach Bochum gefahren. Im Mittelpunkt des Katholikentages stand die Katholische Arbeiterbewegung. Im Hinblick auf die dort gefaßten Pläne und Ziele wird diese gewaltige Kundgebung allen Teilnehmern unvergessen bleiben.
Die Einführung unseres neuen Präses, Herrn Kaplan Dr. Kerstiens, nahm unser Pfarrer bei der Monatsversammlung am 9.10.49 vor. Der Vorsitzende von St. Cyriakus, Peter Schönberger, hielt bei dieser Gelegenheit einen Vortrag über den Katholikentag in Bochum. In der Monatsversammlung am 6.11.49 wies unser Präses auf die unbedingte Notwendigkeit der Überholung unserer Kriegergedächtnis-und Kreuzwegkapelle hin. An mehreren Nachmittagen im November fanden sich unsere Mitglieder dann ein, um den Schutt aus den Kapellen wegzuräumen; sogar unsere ältesten Mitglieder haben tüchtig mitgeholfen. Selbst unser Präses scheute es nicht, mit Hand anzulegen. Allen Helfern sei an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt. Auch dem Landwirt Mattes sei hiermit gedankt, der in liebenswürdiger Weise das Fuhrwerk stellte.
Zur Bestreitung der hohen Kosten für die Restaurierung der beiden Kapellen mußte eine Kirchen- u. Haussammlung durchgeführt werden. Allen die hierfür ein Scherflein beigesteuert haben, gilt unser Dank. Heute haben diese Kapellen ihrer Bestimmung gemäß wieder ein würdiges Aussehen. Unserem Präses, der diese Instandsetzung in die Wege geleitet und durchgeführt hat, danken wir an dieser Stelle auf das herzlichste.

An unserem Einkehrtag im Monat Dezember nahmen 30 Mitglieder teil. Der Einkehrtag fand im Saale Trogemann statt und wurde von einem Pater der Redemptoristen aus Kirchhellen gehalten. Der traditionelle Pfarr-Weihnachtsabend fand am 1. Januar im Kolpinghaus statt. Die Ausrichtung dieses Abends hatte unser Verein, in harmonischer Zusammenarbeit mit dem Kirchenchor, übernommen. Hierbei zeigte unsere Theaterabteilung das kleine Weihnachtsspiel von Herwig. Erstmalig nach dem Kriege konnten wir am 6. Januar im Kindergarten eine Bescherung der Kinder unseres Vereins durchführen. Rund 250 Kinder erhielten eine ansehnliche Tüte.
Zu der am 17. Januar stattgefundenen Monatsversammlung hatten wir den uns allen bestens bekannten Max Stolle eingeladen. Er sprach sehr ausführlich über das Thema: "Mitbestimmung und Mitverantwortung". Im Saale Wessels feierten wir am 5.2.50 ein schönes Kappenfest. Bei der am 19.3. stattfindenen Monatsversammlung hielt Herr Kaplan Kaiser einen Vortrag über seine Fahrt nach Rom. Die Versammelten erlebten damit im Geiste die Feier des Heiligen Jahres in Rom.
Im Winterhalbjahr 49/50 hatten wir zusammen mit dem Arbeiterverein der Cyriakuspfarre jeden Mittwochabend einen Vortrag- bzw. Ausspracheabend. Als Referenten sprachen abwechselnd Kaplan Dr. Kerstiens, Landtagsabgeordneter Budke, die Herren Stammkötter und Hönes vom Städt. Bauamt, Schriftleiter Worpenberg und Bezirkssekretär Köhler. Es wurden alle aktuellen Probleme der heutigen Zeit erörtert und diskutiert. Zweimal wurde dortselbst auch ein Film gezeigt. Einmal über "Die Entwicklung des Sozialismus" und das anderemal "Das Leichentuch unseres Herrn von Turin". Einen breiten Raum nahm auch das Siedlungsprogramm ein. Es ist eigentlich schade, daß nur so wenige an diesen Abenden teilgenommen haben, die bestimmt auch zur Hebung des Allgemeinwissens beigetragen haben."


Niederschrift über die Jahresversammlung am 30. April 1950 im Saale Trogemann.


Zu der am 30.4.50 anberaumten Jahresversammlung hatten sich unsere Mitglieder zahlreich eingefunden. Der Vorsitzende H. Holtbernd eröffnete gegen 19.00 Uhr die Versammlung und hieß alle Erschienenen herzlich willkommen. Gemeinschaftlich wurde das Lied "Lobt froh den Herrn" gesungen. Nach Verlesen des Protokolls vom Vor-
jahr durch den Schriftführer Thiemann gab der Vorsitzende Erläuterungen zum Jahresbericht. Auf Vorschlag der Versammlung soll der Film "Das Leichentuch unseres Herrn von Turin" demnächst noch einmal gezeigt werden. Dann gab der Kassierer Lassak seinen Kassenbericht. Daraus war zu entnehmen, daß im verflossenen Jahr gut gewirtschaftet worden ist und wir heute wieder einen ansehnlichen Bestand in der Kasse haben. Die Kassenprüfer Pallotz und Wuff hatten die Prüfung der Kasse vorgenommen und in Ordnung gefunden. Somit konnte dem Kassierer Entlastung erteilt werden. Der Wunsch des Kassierers, einen Vertreter zur Seite zu haben, wurde entsprochen. Einstimmig wurde K. Wuff zum Kassierer-Vertreter gewählt. Die Jugendabteilung soll in Zukunft einen Vertreter im Vorstand haben. Dieser wird innerhalb der Jugend gewählt. Zu Delegierten im kommenden Geschäftsjahr wurden gewählt: Hagemann, Schymitzek, Peter und Heinrichsbauer. Die immer stärker akut werdende Frage des Siedlungswesens wurde stark diskutiert.
Die 40 Jahrfeier der Gründung unseres Vereins wurde auf den 10. September festgelegt. Es folgte dann die Neuwahl des Vorstandes. Einstimmig wurde der alte Vorstand wiedergewählt. Dann ergriff unser Präses das Wort zu einer Ansprache. Sein besonderer Dank galt dem Kassierer für seine mustergültige Kassenführung. Er stellte der Jugend den Kassierer als Vorbild eines gewissenhaften Vorstandsmitgliedes hin. Anschließend sprach dann unser hochw. Pfarrer Telohe einige ermunternde Worte zur Versammlung und forderte stärkere Hinzuziehung der Jugend zu unseren Aufgaben. Nachdem Heinrichsbauer noch einen Bericht über die Exerzitien in Borbeck gegeben hatte, schloß der Vorsitzende Holtbernd die Versammlung."


20. Die Feier des vierzigjährigen Bestehens
am 10. September 1950

"Als Auftakt zur Feier unseres 40jährigen Bestehens nahmen fast alle Mitglieder an der gemeinschaftlichen Kommunion teil. Es war ein ergreifendes, selten gesehenes Bild, wie alle Männer reihenweise zur Kommunion schritten. Unser Präses wies in seiner Festpredigt auf die unbedingte Notwendigkeit des kath. Arbeitervereins hin. Nach der hl. Messe begaben sich die Jubilare, unter Vorantritt der Fahne, zum Lokale Wessels. Hier wurde allen Jubilaren ein schönes Frühstück gereicht.
Der Vorsitzende Holtbernd begrüßte die Erschienenen auf das herzlichste. Stehend wurde das Tischgebet gesprochen. Es ist immer ergreifend, wenn Männer mit schwieligen Fäusten gemeinschaftlich beten. Frauen unserer Mitglieder übernahmen dann das Einschenken des Kaffees. An den Gesichtern der Männer konnte man feststellen, daß es allen gut mundete.
Dann ergriff unser Präses das Wort zu einer Ansprache, die in den Dank für treue Mitgliedschaft der Jubilare ausklang. Bezirkssekretär Köhler hatte es sich nicht nehmen lassen, an der Morgenfeier teilzunehmen. Mit Spannung lauschten alle seinen Ausführungen. Von den Nöten unseres Volkes von 1848 ausgehend bis heute, habe die Menschheit manchen Irrweg beschritten, immer beseelt, die soziale Not zu beheben. Wenn es unserer christlichen Idee nicht gelänge, einen gesunden Ausweg aus diesem Zustand zu schaffen, dann gehe das Abendland unentrinnbar dem Chaos entgegen. Es müsse vor allem der Nachwuchs gefördet werden, der einmal unser Erbe antreten muß, um die Idee unseres herrlichen Arbeiterbischofs Freiherr v. Ketteler zur Wirklichkeit zu führen. Nach Dankesworten des Vorsitzenden schloß die wohlgelungene Morgenfeier mit dem gemeinsam gesungenem Lied: "Wann wir schreiten ..."

Nachmittags fanden sich unsere Mitglieder mit ihren Frauen zahlreich zur Festversammlung ein. Den Verlauf dieser Versammlung schildert ein Ausschnitt der Bottroper Volkszeitung. Nach der Festversammlung blieb man noch einige Stunden gemütlich beisammen."

Ruhr-Nachrichten
Bottroper Volkszeitung, Nr. 212,
Montag, den 11. September 1950:


D i e  A u f g a b e n  s i n d  g r ö ß e r  d e n n  j e


40-Jahr-Feier des Kath. Arbeitervereins
St. Michael in Bottrop Herz-Jesu
- Die Jugend muß mit an die geistige Front -
Kraftvolle Ansprache des Diözesanpräses Wöste


"Im Mittelpunkt der 40-Jahr-Feier des Kath. Arbeitervereins St. Michael in Bottrop Herz-Jesu stand einmal die Jubilarehrung und dann die wegweisende und kraftvolle Ansprache des Diözesanpräses Wöste aus Münster. Gerade diese Ansprache und aber auch der ganze Verlauf dieser 40-Jahr-Feier sind ein Beweis dafür, daß in den katholischen Arbeitervereinen heute die Zeichen der Zeit deutlich erkannt werden und daß die katholische Arbeiterbewegung mit den ebenfalls sozial-beruflich orientierten Kolpingsfamilien die kirchlich-soziale Avantgarde darstellt, die auch im Religiösen ihre feste Verankerung hat. Es ist in den katholischen Arbeitervereinen wie in der gesamten katholischen Arbeiterbewegung in den letzten Jahren eine Schulungsarbeit betrieben worden, die bereits jetzt recht deutliche Anzeichen kraftvoller Entfaltung zeigt. Der Elan, der von der Spitze der Bewegung ausgeht, setzt sich weiter fort über Diözesan- und Bezirksverbände bis hin in die einzelnen Vereine. Da ist nichts mehr von Müdigkeit und verstaubtem Vereinsklüngel, sondern da spürt man pulsierendes Leben und kraftvollen Gestaltungswillen.


Die Schlachten Gottes müssen von uns geschlagen werden


Nachdem Diözesanpräses Wöste den Jubilaren seinen Dank und Glückwunsch ausgesprochen hatte, wies er in einer kurzen, aber kernigen und richtungsweisenden Ansprache auf aktuelle Dinge der katholischen Arbeiterbewegung hin. Die Alten hätten ihre Treue und ihren Arbeitseinsatz in 25, 40 und 50 Jahren bewiesen. Wenn

die junge Generation vor der Geschichte bestehen bleiben wolle, müsse sie sich einspannen lassen in die Arbeit der katholischen Arbeiterbewegung. Treue und Einsatzbereitschaft müsse von allen verlangt werden in der KAB. Die weltanschauliche Auseinandersetzung habe auf den Universitäten begonnen, aber heute würden sie 1000 Meter unter der Erde, am Hochofen und in den Werkstätten ausgetragen. Die Schlachten Gottes würden geschlagen vom werktätigen Volk.


Nicht mit Zucker und Seife

Die Schlachten Gottes würden allerdings nicht gewonnen mit dem Zucker- oder Seifehamstern. Damit könne man der anstürmenden roten Flut nicht wirksam begegnen. Es sei wirklich fünf Minuten vor zwölf. Der Korea-Konflikt habe die Menschen wachgerüttelt.


Es gibt nur einen Weg!


Es gibt nur einen Weg, den Kommunismus wirksam zu bekämpfen, und sei der, hier eine neue Ordnung zu schaffen, und zwar eine bessere als die des Ostens. Es werde gefragt, ob es wohl Krieg gebe. Das könne kein Mensch wissen. Die Entscheidung falle auf geistigem Gebiet. Der Papst habe den Weg gewiesen in seinen letzten Ansprachen. Die Menschen müßten wirklich Christen werden. Vom Osten würden Menschen eingeschleust, die hier als zersetzende Kräfte zu wirken hätten, und aus dem Westen heraus würden junge Menschen im Osten auf ihre Aufgaben hier im Westen hin geschult und gedrillt. Dieser Propaganda müsse die christliche Soziallehre entgegengesetzt werden. Alle Welt schaue auf Rom. Das solle uns alle zuversichtlich machen. Die Aufgaben der KAB seien größer geworden denn je. Darum müsse auch die junge Generation an die Front, nicht mit Panzern und Atombomben, sondern mit der Kraft des Geistes. Die KAB rufe die Jugend auf zur Mitgestaltung. Er könne manchen Einwurf der Jugend verstehen nach all dem Marschieren und Erleben, aber die Jugend müsse sich sagen lassen, daß es um sie, um ihre Freiheit und um ihr Familienglück, um ihre Arbeit und um ihren Staat gehe. Da dürfe keiner abseits stehen. Die katholischen Arbeiter müßten Deutschland und der Kirche beim sozialen Aufbau zur Seite stehen. Glaube und unverbrüchliche Liebe seien not in dieser Zeit.


Jung und alt vereint

Ein Vertreter der Jugend und der Jubilare sprachen in ernsten Worten ihre Bereitschaft zur Tat aus.


Ehrung der Jubilare


Die Ehrung der Jubilare nahm der Vereinspräses, Kaplan Dr. Kerstiens, vor. Er würdigte eingehend ihre Verdienste und überreichte dann zunächst den Goldjubilaren, soweit sie der Versammlung beiwohnten, die goldene Ehrennadel. Den anderen wird sie in ihrer Wohnung überreicht. Goldjubilare sind: Wilhelm Overbuschmann, Heinrich Paul, Johann Schwanewilm, Jakob Lassak (40 Jahre Kassierer des Vereins, auch heute noch mit 80 Jahren), Bernhard Kappenberg, Heinrich Wilms, Simon GraB und Hermann Braukmann. 137 Silberjubilare erhielten die silberne Ehrennadel. Die goldenen Jubilare waren vorher schon Mitglieder in St. Cyriakus. In seiner Ansprache an die Jubilare fand der Präses besonders herzliche Worte für die Arbeit des Bergmanns. Ein alter, treuer Bergmann verdiene den Ehrentitel eines Meisters. Bergmannsarbeit bedeute Ehrendienst an der Gemeinschaft. Auch den Frauen der Jubilare und Mitglieder dankte er für ihre Mitarbeit zum Wohle des Vereins und der KAB.
Der Toten wurde ebenfalls gedacht und ihnen ein Gebet gewidmet. Zu Beginn der Veranstaltung hatte Landtagsabgeordneter Budke, Stadtverbandspräses Dechant Bruns und Pfarrer Telohe gesprochen. Budke wies darauf hin, daß die katholische Arbeiterbewegung sich mutig und entschlossen als tragende Säule der Kirche zur Verfügung stelle. Sie wolle das zur Tat werden lassen, was Bischof Ketteler grundgelegt habe in seinen sozialen Forderungen, die dann weiter durch die Päpste bis in unsere Zeit hinein ergänzt und vertieft worden seien.
Dechant Bruns überbrachte die Grüße und Glückwünsche des Stadtverbandes der KAB. Er erinnerte an die Katakombenzeit während des Verbots der katholischen Arbeitervereins zwischen 1935 und 1945. Von Bottrop aus sei dann die KAB im Bezirk und der Diözese wieder ausgegangen. Besonders dankte er dem Vorsitzenden des Jubelvereins, Hermann Holtbernd, für seine Treue und seinen steten Einsatz. Er wünschte dem Jubelverein ein weiteres segensreiches Wirken.
Pastor Telohe, dem auch die Silberehrennadel angeheftet wurde, sprach von der Gottverbundenheit und der Treue der Jubilare. Wenn die Jugend diesen Geist übernehme, dann werde es weiter aufwärts gehen.


Die Geschichte des Vereins


wurde in kurzen Zügen durch den Schriftführer Thiemann gegeben. Mit 93 Mitgliedern wurde der Verein am 10. Mai 1910 gegründet. Am 1. Oktober des Gründungsjahres zählte der Verein 200 Mitglieder. Bei der Abpfarrung von St. Michael gab der Verein 67 Mitglieder ab. Beim Silberjubiläum zählte er 420 Mitglieder. 1945 wurde mit 70 Mitgliedern wieder begonnen. Heute ist der Verein 350 Mann stark.


Schöne Umrahmung


Durch gemeinsam gesungene Lieder und Vortrag von Prolog und Gedichte fand die Jubiläumsveranstaltung eine sinnvolle Umrahmung."

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