Spartakistenzeit


1918-1920


Während die November-Revolution in Bottrop ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen war, machte sich seit Dezember 1918 eine Umsturzbewegung nach links immer mehr bemerkbar.

Mitte Februar 1919 wurde der Generalstreik ausgerufen. Am 17. Februar 1919 wurde abends das Rathaus von bewaffneten Spartakisten angegriffen.
Am Nachmittag des 19. Februar eroberten sie das Rathaus, schlugen eine Anzahl Polizeibeamte und Sicherheitsleute tot, unter denen sich auch ein Mitglied des Knappen- und Arbeitervereins St. Michael der Herz-Jesu-Pfarre befand.
Als am 26. Februar 1919 die Opfer dieser Nachkriegstragödie zur ewigen Ruhe bestattet wurden, zogen in dem endlosen Trauerzug, wie ihn Bottrop bis dahin nicht erlebt hatte, auch die Mitglieder des Vereins mit Fahne und angelegten Vereinsabzeichen mit.
Im Juni 1919 bildete sich aus dem Verein an Herz-Jesu der Knappen- und Arbeiterverein St. Georg der St. Michaels-Pfarre. In der Generalversammmlung am Sonntag, dem 21. Dezember 1919 gab der Präses, Kaplan Franz Uhlenbrock, bekannt, daß durch die Abtrennung der alte Verein einen bedeutenden Verlust erlitten habe, der aber durch Mitgliederwerbung im Herbst wieder ausgeglichen sei, nach der 120 Neuaufnahmen erfolgt seien. So habe der Verein nun 326 Mitglieder.

Bei dieser Versammlung wurden die alten Statuten geändert und dem Normalstatut angepaßt. Bei den Neuwahlen wurde der bisherige Vizepräses B. Schlagkamp und die alten Vorstandsmitglieder wiedergewählt. Neu gewählt wurden B. Dreya und B. Hoffjann. Der Antrag auf Gründung eines Kartoffel- bzw. Lebensmittelkaufvereins wurde abgelehnt mit der Begründung, daß schon im Bezirk Lehmkuhle ein Kartoffelverein bestehe, dem jedes Vereinsmitglied beitreten könne.
Am 11. Januar 1920 veranstaltete der Verein im Gesellenhaus eine Weihnachtsfeier, in der Ehrenpräses Pfarrer Wilhelm Runtenberg die Festrede zum Thema: "Die Familie in der neuen Zeit" hielt und die religiösen Theaterstücke "Weihnachtsglück" und "Am Grabe der Mutter" von der Theaterabteilung gespielt wurden.
Die Pausen wurden ausgefüllt durch Weihnachtslieder und Vorträge der neugebildeten Gesang-Abteilung.

Am 1. Februar 1920 wurden die Theaterstücke im Kasino des Jugendheimes an der Consumstraße für die übrigen Pfarreingesessenen wiederholt.
Im Frühjahr 1920 wütete in Bottrop die Grippe, an der viele Einwohner schwer erkrankten und starben. Kaplan Franz Uhlenbrock infizierte sich bei Krankenbesuchen und starb am 15. März 1920 nach kurzer, schwerer Krankheit. Kaplan Uhlenbrock wirkte seit dem 21. November 1913 in der Herz-Jesu-Pfarre und war seit dem 14. Dezember 1913 Präses des Knappen- und Arbeitervereins.

Während des Ersten Weltkriegs nahm er sich besonders eifrig der im Felde stehenden Mitglieder an, mit denen er ständigen Briefkontakt hielt. Er setzte sich auch für einen geregelten Paketdienst des Vereins für die Soldaten ein. Er war am 16. August 1881 zu Telgte geboren und am 9. Juni 1906 in Münster zum Priester geweiht worden. Bevor er nach Bottrop kam, war er acht Jahre in Veelen tätig.
Am 18. März 1920 wurde die Leiche des Verstorbenen unter großer Beteiligung der Gemeinde und des Vereins von der Wohnung Essener Straße zur Herz-Jesu-Kirche überführt. Der Sarg wurde vor dem Hochaltar aufgestellt. Pfarrer Runtenberg zelebrierte das Requiem. Danach ordnete sich der Trauerzug aufs neue. Die Leiche wurde bis zur Pfarrgrenze begleitet. Von dort aus erfolgte die Überführung per Wagen nach Telgte, dem Heimatort des Verstorbenen.


Kapp-Putsch und Ruhrbesetzung1920-1926


Bis zum Ende September 1920 leitete der Ehrenpräses, Pfarrer Wilhelm Runtenberg, den Verein.
Über Bottrop kam neues Unglück durch den Kapp-Putsch. Seit dem 19. März 1920 hatten Rotgardisten zum Kampf gegen die Reichswehr aufgerufen. Am Karsamstag, dem 3. April 1920, rückten gegen 9 Uhr Regierungstruppen von Norden auf die Stadt heran. Um 11.20 Uhr fiel der erste Kanonenschuß. Eine unbeschreibliche Kopflosigkeit bemächtigte sich der Besucher des rege bevölkerten Samstagsmarktes. Es folgte eine anhaltende Beschießung des Stadtgebietes bis zum Abend. Am Ostersonntag, als die Waffen wieder schwiegen, wurden über 50 Todesopfer gezählt.
Im September 1920 wurde Kaplan August Hölscher als Präses eingeführt. Während seiner Amtszeit war das Vereinsleben beeinträchtigt durch Inflation, Arbeitslosigkeit und die Besetzung Bottrops und des Ruhrgebietes durch französische und belgische Truppen vom Januar 1923 bis zum Juli 1925.
Am 15. Januar 1922 legte in der Generalversammlung Bernhard Schlagkamp sein Amt wegen seines Alters nieder. An seiner Stelle wurde Bernhard Hoffjann gewählt. Durch die Besetzung der Stadt ab Januar 1923 hatten die Versammlungen durch Ausgangssperren und Militärverordnungen sehr zu leiden. Die herrschende Not wird u.a. auch daran deutlich, daß die Mitglieder eimerweise Kohlen zu den noch stattfindenden Versammlungen mitbringen mußten, um das Vereinslokal zu heizen.

Für eine gewisse Aufregung unter der Bottroper Geistlichkeit und den Mitgliedern der im Stadtverband zusammengeschlossenen Arbeitervereine sorgte die Neugründung eines katholischen Knappenvereins, der sich in keine Pfarrgemeinde integrierte und so auch keinen Präses bekam. Im "Knappenverein 1924" hatten sich vorwiegend solche Männer zusammengeschlossen, denen die Verbindung zwischen Arbeiterverein und Zentrumspartei zu eng erschien.

Am 1. Februar 1925 trat an die Stelle von Bernhard Hoffjann, der aus dem Bezirk der Herz-Jesu-Pfarre verzogen war, Jakob Lassak. Aus Vereinsinteresse legte dieser aber in der Generalversammlung am 6. Januar 1926 sein Amt als Vizepräses nieder. An seiner Stelle wurde Wilhelm Bagh gewählt.
Am 5. Mai 1926 wurde Kaplan August Hölscher als Rektor nach Rodde versetzt.
In der nächsten Versammlung war für ihn eine kleine Abschiedsfeier. Kollege Lassak sprach den Dank des Vereins aus und überreichte ein Geschenk. Als besondere Tätigkeit zu Anfang des Jahres 1926 ist eine Sammlung auf dem Lande zu erwähnen, für die sich der scheidende Präses sehr eingesetzt hatte. Dem Verein war es dadurch möglich, über 200 Zentner Kartoffeln, 30 Zentner Mehl und über 1000 Meter Leinen an die ärmeren Familien des Vereins zu verteilen.

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