850 Jahre St. Cyriakus

 

Fortsetzung unserer Geschichte Teil 6

Ich habe das, was notwendig war, nicht verhindert

Nachdem Propst Friedrich Dickmann 1963 den verdienten Ruhestand begonnen hatte, wurde sein Nachfolger ernannt. Der zweite Propst unserer Cyriakus-Gemeinde war Josef Keul.
Er wurde am 11.05.1913 in Duisburg-Laar geboren und erhielt 1937 im Dom zu Münster durch den späteren Kardinal Clemens August Graf von Galen die Priesterweihe. Nach einer Zeit als Kaplan in Walsum war er von 1941 bis 1945 Soldat bei der Kriegsmarine. Danach begann er seine Tätigkeit als Kaplan in Hamborn und als Religionslehrer an der Mädchen-Berufsschule. Im Januar 1959 wurde er Diözesanfrauenseelsorger, gleichzeitig war er Domvikar an der Kathedralkirche in Essen. Bei seiner Einführung als Propst von St. Cyriakus am Sonntag, dem 15.12.1963, wurde das Evangelium vom guten Hirten verlesen, dessen Aufgabe seinen Vorstellungen entsprach und der er sich als Seelsorger stellen wollte. Doch er wusste auch um die großen baulichen Maßnahmen, die er zu lösen hatte.

Schon beim anschließenden Festakt im alten Kolpinghaus, zu dem auch Weihbischof J. Angerhausen erschienen war, erkundigte sich Propst Keul nach dem Abbau der Kohlenflöze unter der Propsteikirche. Unsere Kirche befand sich damals in einem schlechten baulichen Zustand. Es waren dringend umfangreiche Renovierungsarbeiten erforderlich, vor allem ging es um die Beseitigung der schweren Bergschäden. Die Cyriakus-Kirche war durch den Bergbau im Zeitraum von 1904 bis 1964 um etwa 7 m abgesunken. Wände und besonders das Gewölbe drohten einzustürzen. Es wurde sogar ernsthaft überlegt, ob es nicht besser sei, die Kirche ganz abzureißen und einen Neubau in der Nähe des Gleiwitzer Platz zu errichten. Mit dieser Lösung wäre man auch dem Kirchbau-Verein-West entgegengekommen, der für eine weitere Abpfarrung plädierte und im Bereich der früheren Fichteschule an der Sterkrader Straße einen Kirchneubau anstrebte. Nach umfangreichen Verhandlungen zwischen der Kirchengemeinde, dem Generalvikariat (Diözesanbaumeister Kleffner) und der Rheinstahl-Bergbau AG fiel dann im Oktober 1965 die endgültige Entscheidung:
Die Mutterkirche aller Bottroper Pfarreien sollte an ihrem angestammten Platz erhalten bleiben. Sie wurde vom Landeskonservator unter Denkmalschutz gestellt. Von Mai 1966 bis Januar 1967 wurde der Gottesdienst im früheren Kolpinghaus gefeiert, das dafür besonders hergerichtet wurde. Die gesamte Kirche war innen eingerüstet. Zuerst begann die Sicherung des Gewölbes, unter dem ein Netz aus Betonstahl entstand. Anschließend wurde eine 5 cm dicke Betonschale in einem speziellen Verfahren unter das Gewölbe gespritzt. Diese aufwendige Arbeit war im September 1966 abgeschlossen.

Inzwischen waren der Hauptaltar, die Seitenaltäre, die Orgel, die Kirchenbänke, die Beichtstühle und die Kanzel aus der Kirche entfernt worden. Auf Grund der Liturgieform, die durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) angeregt worden war - früher zelebrierte der Priester am Hochaltar den Gottesdienst mit dem Rücken zum Volk -,wurde eine völlige Neugestaltung des Chores vorgenommen. Als am 15. Januar 1967 der erste Gottesdienst in der renovierten Kirche gehalten wurde, blieben noch viele Aufgaben übrig. Der neue Altar wurde erst am 16.06.1967 aufgestellt und am 31.10. des gleichen Jahres durch Bischof Dr. Franz Hengsbach feierlich konsekriert. Von der Künstlerin Hildegard Bienen aus Marienthal bei Wesel war der Altar entworfen worden, ebenso der neue Tabernakel (1968) und das Ambo. Der Tabernakel hat die Form eines Sakramentshäuschens, das mit 8 Darstellungen aus der Bibel verziert ist, u.a.: Abel und der Hohepriester Melchisedek bringen ihre Gaben Gott dar, die Fußwaschung und die Einsetzung der Eucharistie. Vorne am Ambo ist ein Medaillon angebracht, das die Darstellung des lehrenden Christus zeigt.

Bereits 1965 war ein neuer Osterleuchter von dem Bildhauer Josef Höntgesberg aus Köln angeschafft worden. Dieser zeigt zwei Motive: einmal die Geschichte von Jona, zum anderen die Darstellung der drei Jünglinge im Feuerofen. Vom gleichen Künstler stammt auch der Taufsteindeckel mit dem Thema: Christus im Kosmos (1967). Die Orgelbühne wurde ebenfalls völlig neu gestaltet. Drei Sandsteinsäulen, die früher die Empore trugen, bekamen einen neuen Platz in der heutigen Seitenkapelle. Hinter dem früheren Hochaltar musste das nun sichtbare Mittelfenster neu verglast werden. Es sollte zu den beiden bereits vorhandenen Fenstern (Tod und Auferstehung) thematisch passen. So entwarf Dr. Egbert Lammers aus Werl ein Fenster mit dem Thema „Der neue Himmel und die neue Erde". Im neuen Jerusalem, im Gottesvolk, steht der Lebensbaum, und fließen die Wasser des Lebens. Die geschmückte Braut (= die Kirche) wartet mit nach oben gerichteten offenen Armen auf das Lamm (= Jesus Christus), von dem Leben und Kraft ausgehen. Die Ausführung lag in den Händen der Firma Otto Peters aus Bottrop, das Fenster wurde im Juli 1967 eingesetzt. Ostern 1968 wurde das hervorragend restaurierte Altarretabel im Chorraum aufgestellt. Zunächst behalf man sich mit einer Notorgel, ehe im Dezember 1969 die neue Orgel mit 39 Registern und etwa 2.900 Pfeifen fertig aufgestellt war.

Sie erklang zum ersten Mal in der Vorabendmesse am 07.03.1970. Im April 1969 fand die gotische Pieta, nachdem sie gründlich restauriert worden war, in der Seitenkapelle ihren geeigneten Platz. Sie wurde zwischen 1460 und 1490 aus Eichenholz geschnitzt und stand früher in einer Kapelle an der Hochstraße. Für diese ehemalige Segensstation war die Pieta von der Kirche an die Familie Schäfer ausgeliehen worden, die sie zurückgegeben hatte. Heftige Diskussionen gab es in der Gemeinde um die Marienfigur, die im Februar 1972 am linken Eckpfeiler des Chorraums angebracht wurde. Dabei ging es in erster Linie um die Höhe der Kosten von 25.000,-- DM. Prälat Dr. Küppers hatte als Kunstsachverständiger des Bistums der Kirchengemeinde St. Cyriakus angeboten, die Marienfigur zu erwerben. Ihm lag sehr daran, dass dieses Kunstwerk in einem Gotteshaus seinen neuen Platz fand, und nicht in einem Museum. Der Kaufpreis lag weit unter den Beträgen, die Museen dafür zu zahlen bereit waren, denn diese Marienfigur war um 1700 in der Schule des Düsseldorfer Hofbildhauers Gabriel Grupello entstanden. Im März 1972 erhielten die je fünf Fenster in den beiden Seitenschiffen eine neue Verglasung. Die Entwürfe stammen von dem Bottroper Herbert Koll. Die Ausführung lag bei der Firma Otto Peters.

Im Februar 1979 begannen noch einmal umfangreiche Sicherungsarbeiten an den Wänden. Anschließend erfolgte die gelungene Ausmalung der Cyriakus-Kirche durch die Firma Berchem aus Essen. Nach Abschluss dieser Arbeiten war die ganze Gemeinde von der Gestaltung des Innenraumes sehr begeistert. Das waren bisher nur die Baumaßnahmen, die das Kirchengebäude betrafen.
Hinzu kamen noch:

- der Abbruch des Pastorats-Gebäudes, das 140 Jahre alt war,
- der Bau des neuen Pfarrhauses (1970),
- der Bau des Kindergartens West (1966) und -Mitte (1970),
- die Errichtung des Pfarrheims West (1974),
- die Einrichtung des neuen Pfarrzentrums im Kath. Stadthaus (1977)
- und die zahlreichen Veränderungen im und am Marienhospital.

Als Propst Keul am 31.05.1981 von der Cyriakus-Gemeinde seinen offiziellen Abschied nahm, seine Bautätigkeiten von allen Seiten gewürdigt wurden und man ihn als Baumeister der Gemeinde bezeichnete, da bemerkte er nur in seiner typisch bescheidenen Art:
„Ich habe das, was notwendig war, nicht verhindert."

"Wenn Du ein Schiff bauen willst,
dann trommle nicht einfach nur Leute zusammen,
damit sie Holz dafür sammeln,
sondern wecke in ihnen den Wunsch
nach der Fahrt über das weite Meer !"
(Antonine de Saint-Exupery)

Nachdem Probst Josef Kreul am 31. Mai 1981 seinen Abschied von der Cyriakus-Gemeinde genommen hatte, blieb er wie sein Vorgänger in Bottrop und übernahm ebenfalls pastorale Aufgaben im Seniorenzentrum St. Teresa. Diesen besonderen Dienst erfüllt er bis heute trotz seines gesegneten Alters von 87 Jahren.
Der dritte Propst von St. Cyriakus, Werner Dürdoth, wurde am Sonntag, dem 5. Juli 1981, feierlich in sein neues Amt eingeführt. Er wurde am 16. Februar 1932 in Mülheim geboren und am 2. Februar 1959 in Essen vom Diözesanbischof Dr. Franz Hengsbach zum Priester geweiht.
Nach Kaplansjahren in Borbeck und Holsterhausen war er von 1966 bis 1973 Stadtjugendseelsorger in Essen. Danach wurde er Militärpfarrer und ab 1976 Dekan und Standortpfarrer im Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz.
Vor welche Aufgaben sah er sich nun in unserer Pfarrgemeinde gestellt? Da war zuerst St. Cyriakus als Zentralkirche unserer Stadt, dann das Marienhospital, zwei Kindergärten und 100 Seniorenwohnungen.

kab10030. Oktober 1983: 100 Jahre KAB St. Cyriakus

Bereits 1982 waren zu den etwa 40 bestehenden Seniorenwohnungen im Stadthaus weitere 63 am Pfarrheim West geplant. Dieses Fertighaus wurde verkauft und abtransportiert. Bereits im Oktober 1984 konnte dann das neu errichtete Cyriakus-Haus eingeweiht werden.
Die umfangreichen Sanierungs-, Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen des Marienhospitals können im Rahmen unserer Reihe:
„Aus der Geschichte der Cyriakus-Kirche" leider nicht dargestellt werden.
Den Innenraum unserer Kirche schmückt seit April 1983 eine wertvolle Figur des heiligen Cyriakus, unseres Pfarrpatrons. Durch die Vermittlung des Restaurators Edgar Jetter, der das Altarretabel restauriert hatte, erwarb die Kirchengemeinde diese Figur aus Lindenholz, die um 1730 im süddeutschen Raum entstanden war.
Die Ergänzung der Orgel im Chorraum wurde am 2. Februar 1985 eingeweiht. Und 1986 konnte die Krippe in unserer Kirche mit neuen Figuren aufgestellt werden.

Neben den festlichen Höhepunkten eines jeden Kirchenjahres gab es im Laufe der Zeit vier besondere Ereignisse in unserer Gemeinde:
- 1984 nahmen etwa 100 Mitglieder in München am 88. Deutschen Katholikentag teil. Sie waren Gäste bei der Katholischen Kirchengemeinde Verklärung Christi.
- 1986 beteiligte sich unsere Gemeinde an der Aktion „Silbermöve". Sechs Portugiesen waren damals bei uns zu Gast, um anschließend den Aachener Katholikentag zu besuchen.
- Die Gemeindemission 1987 (vom 28. März bis 12. April) stand unter dem Thema: Den Schatz des Glaubens neu entdecken - Gemeinde erleben. Anlass dazu war das 125-jährige Kirchweihfest von St. Cyriakus. Geleitet wurden diese bei den Wochen von drei Redemptoristen-Patres aus dem Klemenskloster Kirchhellen.
- Und schließlich war 1990 unsere Gemeinde mit rund 150 Personen Gast in der evangelischen Kirchengemeinde Alttempelhof in Berlin zum 90. Katholikentag mit dem Thema:
„Wie im Himmel so auf Erden. "
Am Palmsonntag des Jahres 1989 (19. März) wurde die Segnung des neuen Wegkreuzes vor dem Hause Hüttermann (Ecke Osterfelder Straße/Westring) von Propst Dürdoth vorgenommen. Dieses Triumphkreuz aus Bronze war das letzte Werk der Künstlerin Hildegard Bienen aus Marienthal. Kurz darauf ist sie verstorben.
Dicht hintereinander konnte unsere Gemeinde die Primiz folgender Neupriester feiern:
- am 30. Oktober 1988: Willi Tolksdorf
- am 10. Juni 199o: Michael Student
- am 19. Mai 1991: Arun Mathur
Sie gehören zu den etwa 200 Priestern, die seit 1870 aus Bottroper Gemeinden hervorgingen. Hinzukommen noch mehr als 1000 Ordensschwestern, denn Bottrop galt als das „Mistbeet" für geistliche Berufe.
Am 23. Dezember 1984 feierten Prälat Franz Josef Wichmann und drei Jahre später Propst Josef Keul mit der Cyriakus-Gemeinde jeweils ihr goldenes Priesterjubiläum.
Propst Werner Dürdoth und Gymnasialpfarrer Willi Schneider begingen ihr silbernes Priesterjubiläum am 5. Februar 1984 bzw. am 26. Juni 1988.
Als eines Tages Küster Paul Klimek oben im Kirchturm zu tun hatte und die Glocken zu läuten anfingen, schlug er die Hände über dem Kopf zusammen und rannte so schnell er konnte nach unten, denn er meinte, Glockenstuhl mitsamt dem Turm würden kurz über lang zusammenbrechen. Die Balken schlugen nämlich im oberen Bereich ungefähr 30 cm aus. Die Sanierung des alten Glockenstuhls war technisch nicht zu verantworten, deshalb wurde unterhalb der großen Kirchturmfenster eine Stahlbetondecke eingegossen, auf der dann ein neuer Glockenstuhl aus Stahlfachwerk errichtet wurde. Diese Arbeiten waren im Oktober 1988 fertiggestellt.
Seit dem Frühjahr 1988 hatte schon der erste Bauabschnitt der Außensanierung an der Südseite der Kirche (zum Cyriakusplatz hin) begonnen. Alle Fugen des Mauerwerkes mussten ausgespitzt und neu verfugt werden. Hinzu kamen Natursteinfensterbänke, Schutzverglasungen und Vorrichtungen zur Taubenabwehr.
Bis zum Jahre 1990 wurden diese umfangreichen Arbeiten bewältigt, ehe die gesamte Kirche ringsum saniert war. Die Kosten für diese Außenerneuerung beliefen sich auf 1,5 Millionen DM. Damit bot die Kirche nicht nur innen, sondern jetzt auch außen ein beeindruckendes Bild eines alten und ehrwürdigen Gebäudes der Bottroper Innenstadt.

Auch in personellen Angelegenheiten gab es einige Veränderungen. Beim Neujahrsempfang 1995 wurde unser Küster Paul Klimek verabschiedet. Seit dem 1. Mai 1965, also fast 30 Jahre lang, war er nicht nur in der Sakristei der gute Geist.
Neuer Küster unserer Propsteikirche ist seit dem 1. Januar 1995 Herr Ludger Pawlak.
Nachdem Kantor Bernhard Korte 1995 in den Ruhestand gegangen war, trat Herr Fischer seine Nachfolge für drei Jahre an. Seit Januar 1998 ist Frau Ursula Kirchhoff Kantorin an St. Cyriakus. Kaplan Erwin Schey ist seit Mai 1995 an unserer Kirche, gleichzeitig ist er noch Stadtjugendseelsorger des Dekanates Bottrop.
Im Jahre 1990 war Prälat Wichmann 80 Jahre alt geworden und feierte dieses Ereignis mit der ganzen Gemeinde, in der er seit 1946 sozusagen zu Hause war. Er starb am 5. Februar 1992. Als sein Sarg, der beim Requiem auf den Altarstufen der Kirche stand, herausgetragen wurde, ging damit auch ein Stück Cyriakus-Geschichte zu Ende. Voller Humor und Mutterwitz war er allen Menschen begegnet.

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